Rezension zum Theaterstück „Nullerjahre – Jugend in blühenden Landschaften“
Das Theaterstück „Nullerjahre“ basiert auf der gleichnamigen Autobiographie von Hendrik Bolz aus dem Jahr 2022. Es handelt von seiner Jugend in Stralsund bis in die 2000er Jahre. Nachdem er zu Beginn durch seine älteren Freunde Timo und Caro in die rechte Szene rutscht, hat er bald genug von der sinnlosen Gewalt und wird durch den Einfluss neuer Musik und Kulturen zunehmend linker. Gleichzeitig rutscht er immer weiter in die Drogenabhängigkeit und Perspektivlosigkeit. Durch die Einleitung erfahren wir, dass er später in Berlin studiert. Was zwischen seinem Tiefpunkt und seinem neuen Leben passiert, bleibt offen.
„Nullerjahre“ zeichnet ein bedrückendes und mahnendes Bild von den Auswirkungen der Wiedervereinigung Deutschlands. Auch wenn man hier von einem extremen Beispiel ausgehen kann, gab es mit Sicherheit viele Jugendliche, die in dem sozial gespaltenen Osten der Nullerjahre ähnlich dunkle Schicksale erlebten. Ein seichter Unterton der Hoffnung, der immer wieder von Gewalt und Angst unterdrückt wird, lässt das Stück lebensnah und realistisch für die Gefühlswelt eines Jugendlichen sprechen. Auch das Nutzen von Kleidung und Musik zur Untermalung eines immer wieder wandelnden Lebensgefühls bleibt im Gedächtnis. Von Rap und Bandshirts zu Liebesliedern und lässigen Jacken: Jeder Abschnitt seines Lebens ist sinnvoll und erkennbar inszeniert. Da Hendrik jedem Trend folgt, lässt sich die Zeit in etwa nachverfolgen.
Neben dieser kulturellen Note enthält „Nullerjahre“ auch eine stark politische Note. Der politische Wandel, die Globalisierung und Jahre der ungeschickten Ostpolitik spiegeln sich in der Stimmung des Stücks und ein paar Zwischenszenen wider.
Ist „Nullerjahre“ nun also ein fröhliches Familienstück für jeden? Auf keinen Fall! Das Stück ist düster, verstörend und aufrüttelnd. Es präsentiert eine radikal andere Perspektive auf die Wiedervereinigung und darauf, wie Jugend Politik erlebt. Ich kann es jedem empfehlen, der eine komplexe Sicht auf unsere Geschichte anstrebt und dem Drogen, Gewalt und viele Hormone nicht zu nahe treten.
Text: Frederik Grosser -10 A
Bild: M. Fritsche