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Na zdraví!



Prost! (gesprochen Nastrawie). Das durften wir in Prag natürlich öfter sagen. Doch die Studienreise mit Frau Dachwitz und Frau Lehmann war keine Heb-die-Tassen-Fahrt, unter der sie allgemein verrufen war. Das wurde uns, schon nach wenigen Stunden Fahrt, im ehemaligen Konzentrationslager Theresienstadt bewusst. Dort errichteten die Nazis in der ehemaligen Garnisonsstadt ein Durchgangslager für Juden und politische Gegner aus Böhmen und Mähren. Unter sadistischen Bedingungen starben in dem „Vorzeige-KZ“ ca. 32000 Menschen. Die Lebensumstände der Gefangenen haben uns stark mitgenommen.

Doch wieder im Bus holte uns unsere Vorfreude auf die Goldene Stadt schnell ein. Nachdem wir den Busfahrer verabschiedet und kurz im Hotel eingecheckt hatten, fuhren wir in die Altstadt und tauschten unser Geld in Tschechische Kronen, der Kurs stand gut: 1:24. Unser chaotisch wirkender, aber scheinbar allwissender Reiseführer Pavel führte uns dann in ein typisch tschechisches Wirtshaus, wo wir erstmals Kontakt mit böhmischem Bier und einheimischer Küche hatten. Gesättigt und um viele Kronen, aber wenig Geld, leichter, hatten wir nun Zeit, unser Hotel zu begutachten: beste Lage! Es besitzt eine Eishalle, einen Tennisplatz, gratis WLAN und einige gemütliche Ecken zum Beisammensitzen. Unweit befinden sich ein Supermarkt, eine Kneipe und die Straßenbahnstation. Daher wurde es Brauch, den Tag gemeinsam auf der Terrasse des Hotels ausklingen zu lassen. In den nächsten Tagen zeigte uns Pavel die touristischen Hochburgen Prags und weniger bekannte  Sehenswürdigkeiten. So bestaunten wir am Dienstag nicht nur den Altstädter Ring, die Karlsbrücke oder den Wenzelsplatz mit der Figur des Heiligen Wenzel, sondern auch die Parodie dieser Figur, bei der ein totes Pferd von der Decke hängt und der Reiter auf dessen Bauch sitzt. Oder die Statue von Karl IV., eigentlich sieht man auf diesem Bildnis, wie er die Universität Prags gründet, aus einem anderen Blickwinkel jedoch scheint er sich an seinen „Außenminister“ zu greifen. Am Mittwoch durchschritten wir die riesigen Anlagen der alten Festung, auf dem Berg Hradschin reihen sich beeindruckende Gebäude aus verschiedensten Epochen aneinander. In dem größten geschlossenen Burgareal der Welt kann man auch das Rathaus sehen, wo der Bürgermeister den Raum schon mal durch das Fenster verlassen musste. Unweit dieses alten Machtsymbols steht der Prager Eifelturm, dessen Konstruktion vom Prinzip her dem Vorbild in Paris ähnelt. Nur die Aussicht ist anders, aber sicher genau so atemberaubend. An jedem Tag hatten wir nachmittags Zeit, Prag selbstständig zu erkunden, doch nicht am Donnerstag: Früh machten wir uns – diesmal mit der Metro – auf den Weg, die Vysehrad-Festung zu erobern, eine kleinere Burg, die heute eher dem Nationalbewusstsein der Tschechen dient. Beispielsweise ist dort der Ehrenfriedhof berühmter Persönlichkeiten Tschechiens, wobei uns immerhin Bed­rich Sme­tana bekannt war. Somit wurden wir an unserem letzten vollständigen Tag in Prag schon Mittag ins Großstadtgetümmel entlassen. Gut, dass wir uns jeden Morgen in unserem 2-Sterne-Quartier beim Frühstück gestärkt hatten. Dienstag bis Donnerstag fuhren wir stets von Nádraží Vršovice in Richtung unseres Orientierungspunktes Václavské náměstí. Wer da nur Bahnhof versteht, ist schon mal gar nicht so verkehrt, denn schließlich sind es Straßenbahnstationen. Diese Haltestellen lagen nur wenige Minuten auseinander, wodurch wir stets spontan und flexibel beim Aussteigen sein mussten. Václavské náměstí ist der Wenzelsplatz und kann mit dem Alexanderplatz in Berlin verglichen werden. Nur mit dem Unterschied, dass hier, wie wohl in der gesamten Republik, die Touristen übers Ohr gehauen werden. Besonders gern tun die Tschechen das bei Deutschen, denn diese besetzten die Tschechei 1939-1945, und Russen, die es 1945-1990 taten. Doch wieso die Abneigung gegen uns Deutsche immer noch so tief sitzt, konnten wir am Freitag in Lidice erahnen. Am 27.05.1942 wurde von zwei Tschechen ein Attentat auf Reinhard Heydrich, den stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, verübt. Nachdem der Antisemit seinen Verletzungen erlag, rächten sich die Nazis an Tschechien. Willkürlich suchten sie sich ein Dorf aus: Lidice, nahe Prag. Sie erschossen alle Männer, verschleppten die Frauen ins KZ und gaben die Kinder an deutsche Adoptivfamilien oder vergasten sie. Der Ort wurde vollkommen zerstört. Heute erinnert eine ergreifende, multimediale Ausstellung an dieses schreckliche Ereignis.

Alles in allem kann man sagen, dass die Fahrt sehr schön war. „Pädagogisches Aufsichtspersonal“, Schüler und Reiseführer waren locker und stets zum Spaß aufgelegt. Prag hat den Beinamen der „Goldenen Stadt“ redlich verdient, denn den ganzen Tag kitzelte die Sonne an unseren Nasen und musste jemand niesen, folgte ein Na zdraví! Děkuji.


 
Text und Fotos Markus Jürisch